KVTS im Dialog. Memory 2.0

Die Reihe "im Dialog" gibt es seit 2010.
Die Idee hinter dem Projekt stammt von Helmut Mühlbacher, einem Mitglied des Beirates des KVTS. Eine Künstlerin/ ein Künstler des Vereins lädt sich jemanden von außen ein und tritt mit dieser Person in einen künstlerischen Dialog, d.h., die beiden konzipieren eine gemeinsame Ausstellung, in deren Exponaten, in deren Konzept in irgendeiner Weise Überschneidungen in den Werken beider Künstler stattfinden. Die Möglichkeiten der Überschneidungen hierfür sind vielfältig, sie können thematisch, inhaltlich, formal, interdisziplinär oder auch gänzlich konträr ausgerichtet sein.
Der Dialog der beiden Künstler kann offensichtlich sein, kann aber auch erst nach sorgfältiger Betrachtung der Kunstwerke bewusst werden, sich offenbaren und ins Bewusstsein der Betrachter gelangen.
Im diesjährigen Dialog-Projekt sind es zwei Künstler des Vereins, Claudiha-Gayatri Matussek und Helmut Morawetz, die mit einer Musikerin in Dialog treten: Antonia Dorner, Querflöte.
Beim Künstlergespräch werden Antonia Dorner und zusätzlich der Geiger Martin Mettenleiter die Verbindung von Wort-Klang-Bild und Geschichte improvisatorisch herstellen.

Claudiha Gayatri Matussek Antonia Dorner Helmut Morawetz
lebt und arbeitet in München

Die Idee zu "memory2.0" entstand im Gespräch über eine Bildfahne, in der sich Matussek mit dem Bruder ihrer Mutter, auseinandersetzt. Matussek und Morawetz entdeckten während der Frühjahrsausstellung des KVTS 2016, dass sie beide dasselbe teilten: auch bei ihm war der Bruder der Mutter im 2. Weltkrieg gefallen.
Dies war eine Wunde im Familiensystem, das davon stark beeinflusst wurde.
In der Serie "memory2.0" beschäftigt sich die Künstlerin mit den Bildern und den damit verwobenen Geschichten, die über Großeltern, Eltern und weitere Familienmitglieder im Umlauf waren, und die das Leben der Künstlerin prägten.
Matusseks Bildfahnen haben eine Vorder- und eine Rückseite. Sie schweben frei im Raum.
"In unserer Familie wurde geschrien, getobt, nach Besserem verlangt. Die permanente Lautstärke hielt mich besetzt. Zunächst schrie ich mit. Später verschlug es mir die Stimme, die Stimmung, alle Töne.
Mit meinen Tönen und Bildern entzerre ich die Erinnerungen. Sie sind alle nur Fetzen. Doch in mir sind sie zu Einem gefügt." (Zitatende)

Auch die Flötistin Antonia Dorner stellt sich Fragen nach der familiären Vergangenheit, greift diese im Dialog mit ihren künstlerischen Mitteln auf. A. Dorner: "Ich wähle bekannte Melodien aus der Zeit, da Musik und Texte tief im Inneren Gefühle und Erinnerungen transportieren und den Zeitgeist lebendig werden lassen." Mit den Mitteln ihrer "Freien Improvisation" entsteht sowohl eine Brücke zwischen individuellem Schicksal und Gesellschaft durch die Zeit hindurch, als auch zwischen den Künsten. Mit den Bildern von Matussek und Morawetz werden Erinnerungen wach und zeigen auf, wie eng wir alle miteinander verwoben sind.
"Das Leid des Krieges mit Tod und dem Trauma der zerstörten Städte wirken weiter auf das eigene Leben. Dies bietet auch die Chance nach Wandlung. Der Wunsch unsere gemeinsame Vergangenheit zu verstehen, Verletzungen aufzulösen durch künstlerisches Schaffen, und dem Leben nahe zu sein, ist für mich von großer Bedeutung.", sagt sie.
lebt und arbeitet in Elsbethen, bei Salzburg.

Für Helmut Morawetz ist das Thema dieser Ausstellung die Erinnerung selbst. Wie gehen wir mit Erinnerung um?
Was macht Erinnerung mit uns? Werden wir traurig, sentimental, aggressiv, glücklich? Erinnerungen sind nicht konstant - wie verändern wir sie?
Was halten wir - oft nur mit Mühe - unter Verschluss, was geben wir gerne - in immer neuen Varianten preis? Hat unsere Lebensgeschichte Einfluss auf das, was wir erinnern?
Wieviel gibt es, das wir überhaupt nicht zu erinnern vermögen? Warum?
Welche Erinnerungen gibt es, die nicht an Fotos, Briefe oder Bilder gebunden sind?
Wie kommen wir mit den Erinnerungen unserer Eltern und Großeltern zurecht, die wir - gewollt oder ungewollt - "geerbt" haben? Erinnerungen sind subjektiv - welche Bedeutung hat das?
Anhand von Fotos aus Familienalben, Zeitungen, Portraits und eigenen Erinnerungen geht Helmut Morawetz diesen Fragen nach. Im Laufe der Arbeit kommt es zu Entdeckungen, Annäherungen, Ablehnungen und vor allem zu immer neuen Fragen.

Ausstellungsdauer: 11.-19.Oktober 2017
Ort: Alte Wache im Rathaus in Traunstein
Vernissage am 10. Oktober um 19 Uhr

Öffnungszeiten: täglich 14-18 Ur




Weitere Infos am Flyer und Plakat und auf der Webpage des Kunstverein Traunstein